Ein gutes Weinjahr, aber dann kam der Hagel
Drei Mal gingen wir zwischen dem 16. und 22. September in den Rebberg, um unsere Trauben zu lesen. Am Ende ging alles glimpflich aus, aufgrund eines Hagelsturms hätte es aber auch anders kommen können.
Was für ein verrücktes Weinjahr 2023! Nachdem unsere Reben im zu feuchten Frühsommer (anders als viele andere) nicht von Pilzkrankheiten betroffen waren, entwickelte sich unser Rebberg in der Folge prächtig, sowohl quantitativ als auch qualitativ. Lange schien alles auf eine reiche Ernte hinauszulaufen, bis an einem Abend im August ein Hagelsturm innert Minuten rund 70% unserer Trauben zerstörte.
Glücklicherweise wütete der Hagel nicht auf dem ganzen Weinberg. So verblieben immer noch einige Trauben von recht guter Qualität. Trotzdem sass der Frust tief. Nur zwei Tage vor dem Hagel hatten wir noch Pflanzenschutzmassnahmen durchgeführt und das Gras gemäht.
Traubenlese bei Prachtswetter
Ein paar Wochen später bereiteten wir uns bereits auf die Traubenlese und starteten diese am 16. September bei schönstem Wetter frühmorgens um 07:00 Uhr. Wir ernteten 1’400 kg Kisi und 900 kg Rkatsiteli, beides Sorten, aus denen wir trockene Amber- resp. Orangeweine herstellen.
Nachdem wir die Trauben auf Holzkisten verteilt haben, sortieren wir die schlechten Trauben und Laub aus.
Auch der zweite Tag beginnt schön
Der darauffolgende Tag begrüsste uns mit ebenso schönem Wetter. Zu den 20 Erntehelferinnen und -helfern aus dem Dorf gesellten sich zehn Freunde und Bekannte aus Tbilisi – ein internationales Team mit Menschen aus acht verschiedenen Ländern. Nachdem die knapp drei Tonnen Saperavi-Trauben abgelesen waren, fuhren wir nach Eniseli vor unseren Weinkeller und begannen mit dem Pressen.
Pressen der Trauben vor unserem Weinkeller in Eniseli, Kachetien.
Ein Hagelsturm sorgt für Verwüstung
Die elektrische Presse, die automatisch die Stiele aussortiert, quittierte nach etwa einer Stunde den Dienst. Just als sie nach weiteren 1.5 Stunden repariert war, zogen Wolken auf und es begann zu tröpfeln. Wir deckten die Trauben mit einer Plane ab und wollten weitermachen. Doch der harmlose Nieselregen entwickelte sich innerhalb von einer Minute zu einem massiven Hagelsturm.
Hagelkörner von 2-3 cm Durchmesser verwandelten den Garten in eine Winterlandschaft, die Temperatur fiel um mindestens 15 Grad, die Bäume war innert Minuten blätterlos. Wir, zwei Nachbarn, zwei Freunde aus Tbilisi und ich, mussten uns in Sicherheit bringen.
Ein Gartenschlauch begraben unter Hagelkörnern von 1 bis 3 cm Durchmesser.
Arbeiten in der Dunkelheit bis 3 Uhr nachts
Als der Sturm nachliess, war es nicht nur dunkel, sondern auch das ganze Dorf ohne Strom. Also holten wir wir Vanos alte Handpresse. Da diese aber nicht auf unsere Tonamphoren und Edelstahltanks passt, mussten wir von Hand alles in ein spezielles, breites Edelstahlfass pressen und von dort mit 20-Liter-Plastikeimern auf die Gärtanks und Tonamphoren verteilen, beleuchtet von den Smartphone-Lichtern, die nach und nach auch ausgingen.
Um 23:00 Uhr hatte Alika die grossartige Idee, in jeder Pause einen Chacha zu trinken. Um 03:00 Uhr waren wir fertig. Fix und fertig.
Dieses Abenteuer werden wir nicht so schnell vergessen, und in Anbetracht der Arbeit, die darin steckt, muss dieser Wein einfach gut werden 🙂